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Antonio Marras

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Antonio Marras

Stilist

Antonio Marras stammt aus Alghero, Sardinien, und seine Herkunft hat seinen stilistischen Code nachhaltig geprägt. Sein Debüt in der Welt der Mode verdankt er einem glücklichen Zufall: Er erhielt nämlich 1987 aufgrund seiner zweifachen Qualifikation von einem römischen Unternehmen den Auftrag, Prêt-à-porter-Kollektionen zu zeichnen. Die kulturellen Kompetenzen verdankt Marras seinem Interesse für jede künstlerisch-kreative Ausdrucksform, das er von jeher hegte, während er sich die „technischen Aspekte" anhand des Wissens über Materien und Formen angeeignet hatte. Im März 1999 wurde in Mailand seine erste Linie Prêt-à-porter vorgestellt, und 2003 wurde er von dem französischen Konzern LVMH als Künstlerischer Leiter des Hauses Kenzo eingestellt, wo er bis 2011 beschäftigt war. Mit der Wahl seines Wohnsitzes in Mailand traf Marras eine wichtige Entscheidung sowohl in persönlicher als auch in künstlerischer Hinsicht. Aber Marras hat seine Heimat nicht vergessen, sondern kehrt regelmäßig nach Alghero zurück, um dort kreative Anregungen, Inspiration und neues Material als Rüstzeug für seinen künstlerischen Ausdruck zu finden.


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“Meine Fantasie war stets chaotisch überfüllt. Hinter Bergen von Zeitungen, Büchern, Blättern, Farbstiften, Kritzeleien. In meinem Jugendzimmer hatte ich einen Klapptisch, der unter diesem Gewicht zusammenzubrechen drohte. Niemand durfte ihn anrühren.”

Eine erste fast obligatorische Frage. Vom Kleid zur Tapete, von der Stoffoberfläche, die zu Volumen und Subjekt (viel mehr als Objekt) wird, zur Oberfläche, die plan bleibt und Architektur wird: Kontinuität oder Bruch? Affinität oder ferne Welten?

Ich habe immer in meiner Welt gelebt, die aus ungeordneter Ordnung und geordneter Unordnung besteht. Außerhalb jeder Reihe und jedes Rahmens. Es fasziniert mich, zu verschmutzen, zu beschmieren, unsauber zu machen, verschiedene Oberflächen und unterschiedliche Objekte in Kontakt zu bringen.

Meine Fantasie war stets chaotisch überfüllt. Hinter Bergen von Zeitungen, Büchern, Blättern, Farbstiften, Kritzeleien. In meinem Jugendzimmer hatte ich einen Klapptisch, der unter diesem Gewicht zusammenzubrechen drohte. Niemand durfte ihn anrühren.    

Die Dringlichkeit, das, was in mir und um mich herum ist, in Zeichen zu übersetzen, wurde mit der Zeit immer größer. Als ob ich etwas hätte, das aus mir heraus will und das ich nicht aufhalten kann. Aus diesem Grund habe ich immer Hefte, Notizbücher, Terminkalender, Tagebücher bei mir. Ohne sie fühle ich mich verloren, und mit ihnen fühle ich mich nie allein. Linien, Zeichnungen, Gekritzel, ciumpulls, ciuroddus, sind meine unausgesprochenen Worte, der Code, durch den sich meine Welt materialisiert. An Wänden zu arbeiten ist somit ein Traum, der wahr wird.                                                            

“Nulla dies sine linea”. Kein Tag vergeht, ohne dass ich einen Bleistift zur Hand nehme und eine Linie ziehe…

 

Im Design von My Africa taucht das Thema Reisen auf, das Ihnen, wie wir wissen, sehr am Herzen liegt. In La Famiglia Pois, bei der ich sofort an „Pierrot Mon Ami” von Queneau gedacht habe, ist Ihre Poetik des Klebens, Anhängens, Überlagerns vorhanden, so als ob Sie einige Seiten Ihrer berühmten Gedanken-Hefte in Wände verwandelt hätten. In Kaleidos findet sich jener Hauch von Wunder wie in bestimmten lluminated Printings des 18. Jahrhunderts. Welche weiteren Facetten Ihrer Kreativität würden Sie mit Wall&decò erkunden wollen?

Ich mache keine Unterschiede zwischen Mode, Kunst, Kino, Tanz, Literatur, Theater. Zwischen „hoher“ und populärer Kunst. Für mich sind sie ein und dasselbe. Ich habe das Glück, eine Arbeit zu machen, die mir ungeahnteste Vermischungen erlaubt. Von der Mode wechsele ich ständig in andere Bereiche über. Ich mache keinerlei Unterschied, eines meiner Merkmale ist eben das Vermischen, Zusammenbringen, Eindringen und deren Wirkungen entdecken.

Die Ausgangspunkte sind die Vermischung von Sprachen, das Experimentieren, das Vermengen von Techniken und handwerklichem Know-how mit unüblichen und zeitgemäßen Bearbeitungen.

Und ferner Projekte, die auf Dekonstruktion und Dekontextualisierung basieren. Was mich fasziniert, ist der unregelmäßige, unsaubere, grobe Aspekt der Gegenstände, der für mich Einzigartigkeit und Schönheit darstellt.

Eine Ästhetik der Unvollkommenheit, ein Suchen und Experimentieren, das seinen Sinn in der Dichotomie zwischen Antik und Modern, Einzigartigkeit und Serie findet.

Mit Wall&decò würde ich gerne individuell zugeschnittene Projekte realisieren. Ein wenig wie die Maßanfertigung vom Schneider: mir wird ein Haus, ein Raum, eine Wand unterbreitet, und wir arbeiten mit dem Detail, dem Erlebten, dem persönlichen Fall.

 

Ein Zimmer, das mit Ihrer Tapete ausgekleidet ist. Darin eine Figur aus der Geschichte oder Fiktion (von der Literatur bis zum Kino). Wer ist das?

Natürlich Alice im Wunderland! Meine Freundin Lella Costa hat diesen Kinderreim für ihr Stück über Alice geschrieben, für das ich das Kleid angefertigt habe. Darin finde ich mich vollständig wieder, und ich möchte ein Zimmer, in dem die Tapete für sie gemacht wurde.

 

photo credits: Daniela Zedda



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